Absender: |
Betreff:
Danke für den Iran-Bericht; ergänzende Bemerkungen |
Fereydun
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Geschrieben am
12/05/2009 13:37
Ich möchte mich für Ihren Bericht durch mein Land bedanken. Selten liest man solch spannende Geschichten, noch dazu, ohne irgendwelchen negativen Unterton. Einfach schlicht das beschrieben, was man erlebt hat, keine Verteufelung der Bevölkerung. Danke dafür, ich wünschte, mehr Deutsche wären wie Sie aufgeschlossen und vorurteilsfrei, denn die Meinung über andere Völker setzt sich ja bekanntlich so zusammen, wie die Medien das Land präsentieren wollen.
Ich wollte auch die Reise selbst kommentieren: Zu allererst tut es mir für Sie leid, dass sie kulinarisch nicht alles ausgiebig auskosten konnten (in der Tat haben sie eigentlich gar nichts von der exotischeren Küche probiert, liest man ihren Bericht). Tschelo-Kábaab ist das Nationalgericht, und mein Lieblingsgericht zum Beispiel. Wenn man nach einem „Restaurant“ fragt wird man halt oft zum „Kábaabi“ (Kebabmacher) dirigiert.
Man muss genau fragen wo sich Restaurants befinden die sich auf besondere Gerichte spezialisiert haben.
Zugegebenermaßen ist dies nicht einfach, wenn man das Gericht nicht im Vorhinein kennt. Hier bietet es sich an, sich stets mit den Einheimischen zu unterhalten und eben das Thema Essen, Lieblingsspeisen etc anzusprechen UND VOR ALLEM auch die eine oder andere Einladung anzunehmen. Nicht gleich direkt, doch wenn man drei- oder viermal darum gebeten wird, so kann man als Ausländer ruhig zusagen - auch die Familie freut sich, wenn sie sich einen Abend mit einem Ausländer unterhalten kann.
Leider hatte man bei Ihnen den Eindruck, dass sie immer nur schnell weiterwollten.
Lobenswert ist, dass sie schon am Anfang ihrer Reise über die Höflichkeitsfloskeln aufgeklärt waren. Diese sind nämlich im Iran außerordentlich ausgeprägt und fester Bestandteil des Miteinanders. Auch in Geschäften und auf dem Basar sagt der gute Verkäufer immer "keine Ursache" wenn es um den Preis oder die Bezahlung geht. Die Ausdrucksweise ist zwar oft ernsthaft, wenn auch nicht ernsthaft gemeint (normalerweise). Diese Höflichkeitsfloskeln werden „Taarof“ genannt und bezeugen vom gegenseitigen Respekt. Grundsätzlich sollte man nie ohne zu bezahlen gehen oder aussteigen. Leider wissen das nicht viele. Einladen lässt man sich nur, wenn es vorher eine feste Verabredung gab. Revanchieren nicht vergessen.
Auch sehr lobenswert ist Ihre Reise durch Kurdistan. Im Gegensatz zu den Nachbarstaaten, sehen wir Iraner Kurden und Kurdistan als festen Bestandteil des Vielvölkerstaates Iran an. Es gibt nichts vom Staat zu "tolerieren". Diese Menschen sind eben Kurden, sprechen kurdisch und die iranische Provinz in der Sie leben heißt Kurdistan. Genau wie es Azeris und (iranisch-) Azarbaijan oder die Baluchis und Baluchestan gibt. Auch die Tatsache, dass Kurden ethnische Iraner sind, bestärkt die Bruderschaft. Ein "kurdischer Konflikt" ist daher im Iran am Wenigsten ausgeprägt; für Turisten bleibt die Region sicher.
Ach ja, noch eins: Im Iran nimmt man gewöhnlich selber einen Handtuch mit, wenn man reist (es sei denn man geht in große Hotels; dies betrifft nur Business-Leute). Dass der Herbergen-Besitzer Ihnen sein Familienhandtuch gab, ist eine große Geste.
Danke,
Fereydun
PS: die Sache mit Hitler... nicht ernst nehmen als Deutscher. Das ist nur positiv gemeint, und das hat nichts mit dem Abschlachten der Juden zu tun. Kein Iraner findet das gut. Auch wenn die Medien uns ein anderes Bild aufzwingen wollen.
Wenn man als Deutscher in den Iran geht, wird immer mindestens einmal Hitler angesprochen. Also nicht ganz überrascht sein. Hitler deshalb, weil er vom „Ariertum“ sprach, während die Iraner historisch gesehen echte Arier (im schlichten Sinne einer Völkergruppe; und KEINE "Übermenschen") sind. So entstand eine gewisse kulturelle Bruderschaft zwischen dem NS-Deutschland und dem Iran (Persien wurde in Iran umbenannt "Land der Arier"), die für die Iraner noch besteht. Ich erinnere auch an das Freundschaftsspiel zwischen Iran und Deutschland im Jahr 2003 oder 2004, als geschlossene Blöcke im Teheraner-Stadium vor dem Spiel den Hitlergruß zeigten.
Was in Deutschland zu Recht als Skandal galt, war im Iran lediglich der freundliche Gruß zum „arischen Bruder“ (ohne irgendwelchen politischen-ideologischen Hintergedanken; viele Iraner denken eben, dass man sich in D. heutzutage immer noch so begrüßt, das ist kein Witz).
Wen das Thema interessiert kann dazu mehr bei Wikipedia o.ä. nachlesen.
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